Aus meinem Leben
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ESSENA ONEILL UND WARUM DAS INTERNET (K)EIN SPASS IST

Gestern habe ich einen Artikel in der Zeit gelesen und war erstmal kurz stutzig, dann erfreut, dann wieder stutzig und dann verärgert. Es geht um Essena Oneill, die Frau die jetzt offen darüber spricht dass ihre im Internet vorgelebte Welt so nie existiert hat, und was es heisst für einen „Schnappschuss“ mehrere Stunden zu opfern.

Ich habe mir dann mehrere Artikel zu ihr durchgelesen und auch wenn die Frau absolut gefeiert wird, kann ich nicht wirklich mitfeiern.

Aber worum geht es bei diesem Fall?

Essena Oneill ist ein 19 Jahre altes Model dass seit sie 16 ist ihr Leben mehr oder weniger öffentlich lebt, und es so zu über 700.000 Instagram-Followern und ähnlich vielen auf anderen Kanälen gebracht hat. Gezeigt werden Modelshoots aber auch gerne und viel „Alltag“, bzw Bilder die als solches verkauft werden. Mal liegt sie am Strand, mal lächelt sie einfach nur in die Kamera. Dass die Fotos meist professionell gemacht, und immer professionell überarbeitet sind sieht man aber das stört auf Instagram Niemanden, denn alle machen das so – mich eingeschlossen.

Jetzt scheint sie ihr Tun aber hinterfragt zu haben und hat am 2. November auf Youtube ein Video hochgeladen in dem unter Tränen alles gebeichtet und aufgegeben wird. Sie möchte nicht mehr Teil einer Bewegung sein in der alle perfekt aussehen müssen, sie möchte sich für das Internet nicht mehr so quälen und auch ehrlich zu ihren Fans sein. Also hat sie begonnen unter ihre Bilder zu texten wie diese unter welchen Umständen entstanden sind. Da gibt es zum Beispiel ein Strandbild wo diverse Filter, Photoshop und 100 Anläufe notwendig waren, und das zuvor als zufälliger Schnappschuss präsentiert wurde, unter dem jetzt deutlich steht wie schwierig es war natürlich und glücklich für dieses eine Bild zu sein und dass es grundsätzlich oft den ganzen Tag ruiniert hätte alles posten zu wollen.

Was ich gut fand war dass sie auch auf die versteckten Werbedeals eingegangen ist. Sehr oft sehe ich nämlich Instagrammer_Innen die offensichtlich werben, aber so tun als wäre das einfach ihre ganz ureigene Art Dinge zu tun. Haarbalsam wie durch Zufall mit Marke voran immer im Bild, oder im Hintergrund klar sichtbare Tüten von Modegeschäften. In Essenas Fall war das zum Beispiel Tee, den sie mit in die Badewanne genommen hat und ihre Zuseher_Innen so nehmen dem Teekärtchen auch ihre nackten Beine sehen konnten. Jetzt steht unter so einem Bild klar und deutlich : Werbung.

Soweit so bisschen verständlich. Ich benutze auch Instagram, ausserdem Twitter und eben diesen Blog hier und natürlich geht es auch um Selbstdarstellung. Hätte ich nicht Spass daran würde ich es nicht machen. Ich stehe auch dazu. Ich mag es mich zu inszenieren und ich mag das Bild das dabei von mir generiert wird. Wer mich kennt weiss ohnehin genau was davon immer und was davon seltener Realität ist. Ich verstehe meine Accounts als eine Werbung für meinen Laden und mich, als Möglichkeit Gleichgesinnte kennen zu lernen und durchaus auch um mich in einer gewissen Szene zu etablieren, was alles auch gut funktioniert. Trotzdem sind alle Bilder und Videos da drauf eine Art Kunstform. Es gibt viele Dinge für deren Sichtbarkeit ich mich damit einsetze, wie zum Beispiel Plus Size Modeling, und trotzdem muss ich nicht jeden einzelnen Schwangerschaftsstreifen oder roten Fleck dokumentieren damit ich sagen kann das ist ehrlich ein Teil von mir. Eben einer von vielen. Sich weinend hin zu stellen und zu sagen das Internet hätte mehr oder weniger ihr Leben zerstört weil sie eben immer perfekt sein wollte versteh ich schon nicht mehr wirklich.

Aber jetzt kommt’s : Sie hat nachdem die dem bösen Internet abgeschworen hat einen neuen Blog gegründet –letsbegamechangers.com in dem sie ihren alten Follower_Innen erstmal die genaue Gegenbewegung zu vorher vorleben will.  Nurnoch ehrliche Bilder, ehrliche Postings. Da sich das aber (noch) nicht halb so gut finanziert bittet sie ihre Fangemeinde (immerhin die selben Menschen denen sie nach eigener Aussage jahrelang vorgelogen hat) um Spenden. Und gleich gibt es nen riesen Aufschrei und viele, auch deutschsprachige Blogger – und Vlogger_Innen machen es ihr nach mit Aktionen wie „Eine Woche lang alles ehrlich ohne Filter und ohne Makeup“.

Ihr merkt schon an meiner Schreibweise dass ich das alles bisschen absurd finde. Nicht Instagram und nicht das Internet machen einen zu einem exhibitionistischen Menschen, man ist das oder nicht. Man trägt solche Züge in sich oder eben nicht / weniger. Sie ist ein (dünnes) Model,  also ansich schon in einer Branche in der es um Selbstdarstellung und Vermarktung vom Körper als Kapital geht, macht mit der weiteren Vermarktung davon im Internet erst ordentlich Geld und verteufelt es dann in dem sie genau die selben Dinge reproduziert? Denn selbst die „ehrlichen“ Bilder und Videos zeigen nur einen Auschnitt einer Persönlichkeit und eines Lebens, und wenn ich mir die Bilder auf ihrem neuen Blog so ansehe erkenne ich sehr wohl darauf dass sie mit Bedacht gemacht sind und auch Filter kommen wieder zum Einsatz. Und warum auch nicht? Naja, immerhin hat ihr dieser mediale Aufschrei nurnoch mehr Follower_innen eingebracht, es war also so oder so kein schlechter Schachzug. Bilder die unschöne oder einfach ungewollte Realitäten zeigen bleiben zumindest als ich nachgesehen hab weiter aus. Und das stört mich daran. Jetzt denken alle „Ah so ists nun wirklich“ dabei ist das Neue daran nur, dass weniger offensichtlich retouchiert, gestellt und dran rumgefeilt wird. Wenn ich mir schon so groß auf die Brust schreibe das jetzt alles komplett anders werden soll, dann sollt ich es auch anders machen. Dann will ich reale Essenspläne, verschwitzte Sportphotos, Augenringe und Haluxe sehn!

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